Seit jeher kontrolliert und reguliert der Mensch die Erde, formt sich die Natur, wie es ihm passt und seinen wirtschaftlichen Interessen zuträglich ist. Wald und Wiese müssen weichen, wenn jemand die Fläche für landwirtschaftlichen Anbau nutzen will oder Siedlungen und Gewerbeflächen gebaut werden sollen. Konkurrenten um Ressourcen jeglicher Art werden rigoros dezimiert. Wir können wohl einfach auf Gedeih und Verderb nicht teilen.

Schon die Wortwahl fällt stets zu menschlichen Gunsten aus: Fleischfressende Wildtiere wurden zu „Raubtieren“ gemacht, obwohl sie nichts stehlen, sondern nur ihren natürlichen Instinkten folgen. Der Raub wird ihnen zugeschrieben, weil der Mensch durch gezielte Zucht zu den ursprünglichen, selbstbestimmten Wildtieren sog. „Nutztiere“ hinzugefügt hat und diese als sein Eigentum betrachtet. Bedienen sich dann Beutegreifer, deren Lebensraum durch den Menschen zerstört wird, am menschlichen „Eigentum“, wird ihnen ihre Lebensberechtigung abgesprochen. Frei nach dem Motto: Was nervt, muss weg.

Einer dieser „lästigen Störer“ ist der Wolf. Ein anderer, wenn auch in den Medien weniger präsent, ist der Fischotter. Vor etwa 30 Jahren war er praktisch ausgerottet in Bayern. Nur noch an einzelnen Bächen und Flüsschen im Bayerischen Wald und der nördlichen Oberpfalz gab es einige wenige Tiere. Inzwischen haben sich die heimischen Säuger durch starke Bemühungen vieler NaturschützerInnen wieder ausgebreitet – vor allem in Ostbayern und einigen Hotspots wie dem Landkreis Rosenheim. ExpertInnen schätzen den Bestand bayernweit auf etwa 1.000 Tiere.

Während sich Umwelt- und ArtenschützerInnen, BiologInnen und TierfreundInnen über die Stabilisierung der Otterpopulation freuen, stoßen die fischhungrigen, äußerst begabten Schwimmer bei TeichwirtInnen und AnglerInnen auf Unmut und Ablehnung. Wie in der Diskussion um den Umgang mit dem Wolf, fordern betroffene Zünfte auch in der Causa Fischotter seit Jahren den Abschuss.

Obwohl der Fischotter noch immer zu den bedrohten Tierarten zählt und nach EU-Recht unter strengem Schutz steht, wurde kürzlich eine neue Verordnung für Niederbayern und die Oberpfalz erlassen, die die „Entnahme“, also Tötung unkompliziert ohne Einzelgenehmigung erlaubt. Seit dem 1. August sind die Tiere dort Freiwild.

Mit dieser Fehlentscheidung bedroht die bayerische Landesregierung den Erfolg jahrzehntelanger Naturschutzarbeit. Der Fischotter ist ein wichtiger Bestandteil unserer Natur. Als „Gesundheitspolizei“ der Gewässer-Ökosysteme erbeutet er vermehrt schwache und kranke Tiere und hält damit den natürlichen Wildfischbestand gesund.

Fischotter haben keine natürlichen Feinde. Sie wurden also nie von außen reguliert. Durch ihre Lebensweise regulieren Otter ihre Bestandsdichte selbst. Erwachsene Tiere leben als Einzelgänger in Streifgebieten entlang von Gewässern. Ausschlaggebend für die Größe dieser Gebiete sind die Verfügbarkeit von Nahrung und soziale Unverträglichkeiten, denn Fischotter beanspruchen jeweils eigene Reviere und gehen sich aus dem Weg. Ab einem gewissen Punkt stabilisiert sich deshalb die Population und wächst nicht mehr weiter.

Eine Bestandsregulierung durch Jagd destabilisiert das natürliche System. Zeitweise kann das sogar zu höheren Otterdichten führen. Aufgrund des freien Reviers, weniger Konkurrenz und damit mehr verfügbarer Nahrung vermehren sich die Otter in der Nachbarschaft stärker und die Fischverluste können sogar ansteigen! Der Abschuss des Fischotters ist auf lange Sicht für die örtlichen Fischereibetriebe also noch nicht einmal hilfreich.

Stattdessen sollte der Lebensraum der Fischotter geschützt und verbessert werden! Natürliche Gewässer müssen renaturiert werden, damit Ottern andere fischreiche Nahrungsgründe zur Verfügung stehen. Um den Mensch-Tier-Konflikt zu befrieden, sollte die Landesregierung auf Aufklärung und nachhaltige Lösungen wie Zäune, Ablenkteiche und gesunde Gewässerlandschaften im Umfeld setzen. So werden Tiere und auch Fischereibetriebe geschützt.

Wir fordern von Ministerpräsident Markus Söder und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (beide CSU), die Abschussgenehmigung für Fischotter unverzüglich zurückzunehmen. Fischotter sind streng geschützte Tiere, deren Rückkehr nach Bayern der Erfolg jahrzehntelanger Schutzarbeit darstellt. Durch eine Generalvollmacht für den willkürlichen Abschuss von Ottern wird dieser aufs Spiel gesetzt.

Bitte unterstützen Sie den Eil-Appell des WWF – unterschreiben Sie jetzt für die Fischotter! Gerade im Wahlkampf – im Oktober wird in Bayern gewählt – reagieren PolitikerInnen besonders sensibel auf öffentlichen Druck. Wenn Zehntausende sich für den Fischotter einsetzen und unterzeichnen, haben wir eine echte Chance, dass Markus Söder die Jagd auf Fischotter stoppt!)

https://mitmachen.wwf.de/fischotter

Alle Neuigkeiten