Immer wieder kommt es vor, dass Taubennester auf Balkonen oder Dachböden aufgefunden werden. Oftmals herrscht dann große Ratlosigkeit, was zu tun ist. Hier finden Sie verschiedene Handlungsempfehlungen, falls ein Taubenpärchen auf Ihrem Balkon ein Nest baut oder bereits Eier im fertigen Nest liegen. 

 

1.1.         Taubenart bestimmen: Stadttaube oder Wildtaube?

Überprüfen Sie zunächst, ob es sich wirklich um Stadttauben handelt. Neben den bekannten Stadttauben, die häufig graues Gefieder mit schimmernden Akzenten am Hals besitzen, gibt es noch verschiedene Arten der Wildtauben: die Ringel-, Hohl-, Turtel- und Türkentaube. Das sind echte Wildtiere und sie dürfen nicht durch Eieraustausch im Bestand reguliert werden. Sind die Wildvögel an Ihrem Standort in Gefahr, kontaktieren Sie am besten eine Wildvogel-Hilfe.

Die EU-Vogelschutzrichtlinie schreibt vor, dass alle Vögel auf keinen Fall in ihrer Aufzucht gestört oder gehindert werden dürfen. Es ist unter keinen Umständen erlaubt, Eier, Nester und Küken zu entfernen. Bei den Stadttauben ist es jedoch – ähnlich wie bei Straßenkatzen – erlaubt, tierschutzgerechte Fortpflanzungsregulation (Eiertausch) durchzuführen. Dies ist möglich, da es sich bei diesen verwilderten Tieren um keine echten Wildtiere mehr handelt.

 

1.2.         Nistende Stadttauben entdeckt:

Fall 1: Nest noch nicht gebaut, noch kein Ei gelegt und Taube sitzt noch nicht darauf:

Überlegen Sie zunächst, ob das Nest eventuell auf dem Balkon verbleiben kann. Sollte dies nicht möglich sein, z. B. weil dies die Tauben in Gefahr bringen würde, beispielsweise durch Erreichbarkeit für Katzen oder andere Beutegreifer, dann entfernen Sie das Nest und verhindern Sie durch Umstellen des Balkoninventars einen Neubau (Verschließen von Nischen, Spalten oder Vorsprüngen). Wichtig: Gehen Sie sicher, dass sich in den Spalten oder Nischen keine Tiere befinden, bevor diese verschlossen werden!

 

Fall 2: Nest fertig, Eier darin, die aber erst frisch bebrütet sind:

Tauschen Sie die Eier gegen Plastikeier aus und lassen Sie die Taube zu Ende brüten. (Die entnommenen echten Eier können Sie für einige Tage in den Tiefkühlschrank legen und danach anderen Wildtieren auf einer Wiese als Nahrung anbieten.) Das Bebrüten dauert mindestens 17 Tage. Entfernen Sie danach die Plastikeier (oft werden sie von den Tauben selbst hinausgeworfen). Dann können Sie auch das Nest entsorgen. Seien Sie sich aber bewusst, dass die Entfernung des Nestes bei der Taube Stress verursacht und sie versuchen wird, an gleicher Stelle neue Eier zu legen und auszubrüten. Wenn es also möglich ist, lassen Sie den Tauben ihr Nest und tauschen Sie einfach regelmäßig die Eier aus.

 

Fall 3: Eier im Nest und die Taube brütet – Sie wissen aber nicht, wie lange schon

Entnehmen Sie die Eier mit Gummihandschuhen (das Körperfett Ihrer Hände kann die Eierschalenporen verstopfen) und durchleuchten Sie sie mit einer Taschenlampe. Bitte schütteln oder drehen Sie die Eier nicht. Wenn Sie nur ein helles Inneres sehen oder erste zarte Adern, tauschen Sie die Eier gegen Plastik-Attrappen aus.

Wenn sich beim Durchleuchten der Eier jedoch eine dunkle Füllung (Küken) deutlich erkennen lässt, so hat sich der Embryo – und damit auch die Nerven und die Empfindsamkeit des Tieres – soweit entwickelt, dass ein Austausch des Eies nicht mehr möglich ist. Sie müssen nun abwarten, bis die Küken geschlüpft und vier bis sechs Wochen später ausgeflogen sind. Erst dann können Sie das Nest entfernen. Vermeiden Sie es ab sofort, die Vogelfamilie zu stören und unnötig zu stressen.

 

Fall 4: Es sind bereits Küken geschlüpft

Das Tierschutzgesetz besagt, dass das Leben aller Wirbeltiere geschützt ist. Das heißt, dass weder Nester noch Küken entfernt werden dürfen. Auch hier gilt: Sie müssen abwarten, bis die Küken geschlüpft sind und vier bis sechs Wochen später ausfliegen. Erst dann können Sie das Nest entfernen, sofern es nicht verbleiben kann.

 

1.3.         Allgemeine Tipps und Infos

  • Tierfreundliche Abschreckung: Flatterbänder oder Windräder am Balkon; weniger sinnvoll sind Krähenattrappen aus Plastik - Tauben sind klug und merken schnell, dass es sich um eine unbewegliche Figur handelt.

  • Genereller Tipp, um Wild- oder Stadttauben vom Balkon fernzuhalten: den Balkon mit Stauden (z. B. Fuchsien, Petunien, Lavendel) und Krautgewächsen (z. B. Arnika, Herbstzeitlose, Brunnenkresse) bepflanzen. (Achtung bei tierischen Mitbewohnern: Manche Pflanzen sind giftig für Katzen und Co.)

  • Stadttauben sind standorttreu und werden erneut am gleichen Ort brüten, wenn Sie die Brut vorzeitig unterbrechen. Wenn Sie echte Taubeneier regelmäßig gegen Attrappen (gibt es online zu bestellen, bitte nur gefüllte, keine hohlen) austauschen, verhindern Sie die Vermehrung der Stadttauben auf tierfreundliche Art und Weise, lassen die Tiere aber dennoch ihren Bruttrieb ausleben.

  • Von den Nestern von Stadttauben geht kein höheres Gesundheitsrisiko aus als von den Nestern anderer Wildvögel. Zeitungspapier unter dem Nest auszulegen hilft dabei, den Balkon leichter sauber zu halten.

  • Auch beauftragte Schädlingsbekämpfer/Taubenabwehrfirmen dürfen Küken nicht ohne amtliche Genehmigung und nur in Ausnahmefällen aus den Nestern entfernen. Sollten Sie dies dennoch beobachten, informieren Sie das zuständige Veterinäramt, die Taubenhilfe und/oder unsere Tierschutzinspektoren!

 

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