Er ist einer unserer eindrucksvollsten Greifvögel und wir tragen eine besondere Verantwortung für ihn: Der Rotmilan. Fast der ganze Weltbestand des Rotmilans ist in Europa vertreten, mehr als die Hälfte davon brütet bei uns in Deutschland.  

Gut zu erkennen ist der Rotmilan an seinem Flugbild. Er hat lange, elegante Flügel und einen rostroten, tief gegabelten Schwanz. Durch diese Flügel ist er zu akrobatischen Flugmanövern fähig. Besonders zur Paarungszeit kann man mit viel Glück spektakuläre Balzflüge und Verfolgungsjagden beobachten. Auch um Beute am Boden zu schlagen, setzt er sich selten ab, sondern greift sich Kleinnager im Vorbeifliegen. Zur Abgrenzung seines Reviers führt er erstaunliche Flugkunststücke auf.

Dabei ist er eigentlich ein sehr geselliger Vogel, verteidigt nur während der Brutzeit sein Revier und dies auch nicht sehr aggressiv. Außerhalb der Brutzeit schlafen Rotmilane gerne mit Artgenossen gemeinsam auf ausgewählten Bäumen. Dabei kann es sich um mehrere hundert Rotmilane handeln, die immer wieder auch in Gruppen auf Jagd gehen. Rotmilane spielen miteinander, sie necken sich, machen synchrone Flugpartien oder beweisen ihr akrobatischese Können untereinander, indem sie im Flug Zapfen von Bäumen zupfen.

Auch ziehen Rotmilane in Gruppen. Manche bleiben mittlerweile in Deutschland, manche sind Teilzieher. Jetzt im Oktober starten sie in den Süden, meist nur bis Spanien, Portugal oder Frankreich. Die Weibchen fliegen etwa zwei Wochen vor den Männchen los.

Rotmilane lieben strukturreiche, landwirtschaftlich genutzte Kulturlandschaften, weswegen sie besonders Deutschland als ihre Heimat bevorzugen. An den Menschen haben sie sich schon so angepasst, dass sie dabei beobachtet werden, wie sie Traktoren und Mähmaschinen vom Dorf aus bis zu den Feldern in niedrigen Abständen folgen. Sie haben nämlich gelernt, dass in den frisch bearbeiteten Feldern und Wiesen reichlich und leicht zu erbeutende Nahrung anfällt.

Ein großes Problem für den Rotmilan ist die Intensivierung der Landwirtschaft. Häufigere Mahten, gespritzte und gereinigte Felder brachten sein ehemaliges Hauptbeutetier, den Feldhamster, an den Rand des Aussterbens. Zwar ist der Milan nicht wählerisch und frisst im Notfall auch Aas, aber der Rückgang von Kleinsäugern macht ihm stark zu schaffen.

Weiter wird der Rotmilan in seinem Winterzug illegal geschossen oder Opfer des Straßen- und Schienenverkehrs sowie von Stromleitungen. In manchen Bundesländern stellt der aus Nordamerika eingewanderte Waschbär eine Gefahr dar, weil er als Nesträuber die Greivogelnester plündert. Auch die Umweltverschmutzung trifft den Rotmilan, denn in seinen Nestern finden sich immer wieder Stoff- und Plastikteile. 

Eine Gefahr für den seltenen Greifvogel, die weitaus mehr Aufmerksamkeit erhält, sind Windräder. Während ihres Suchflugs sind die Milane genau auf der Höhe der Rotorblätter und werden oft erschlagen. Auch beim Versuch, am Boden liegende Vogelkadaver anzufliegen und zu fressen, erwischt es sie häufig. Wie stark Windanlagen Rotmilane gefährden, wird derzeit heiß diskutiert. Untersuchungen zeigen, dass in Gebieten mit vielen Windrädern der Rotmilanbestand abnimmt, in Gebieten ohne zunimmt. Deswegen dürfen momentan an Orten, wo Rotmilane brüten, im Abstand von 500 Metern vom Nest keine Windräder gebaut werden. Auch diese Regelung wurde dem eleganten Vogel schon zum Verhängnis, wenn vorhandene Rotmilane skrupellos vergiftet wurden, um einen Bau zu ermöglichen.

Laut einer Studie sind etwa 20 % der Todesursachen bei Rotmilanen illegale Vergiftungen. Zwar sind die Bestände momentan stabil, aber langfristig gesehen ist die Anzahl rückläufig. Der Rotmilan steht in Deutschland auf der Vorwarnliste der bedrohten Tierarten.

Rotmilane können bis zu 30 Jahre alt werden, aber nur 60 – 65 % überleben überhaupt ihr Erstes. Nach drei Jahren leben etwa noch 35 – 45 %. Die Gefahren hierzulande für den Rotmilan sind zahlreich. Daher muss sich Deutschland als Hauptlebensraum seiner nationalen Verantwortung bewusst sein. Naturschutz und Klimaschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Auch die EU muss deutlich stärker gegen die illegale Jagd und Vergiftung der Vögel vorgehen.

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