Fröhlich und flink hüpft es durch gefrorenes Geäst, als würde weder klirrende Kälte noch Schnee ihm etwas ausmachen. Leuchtend orange strahlt die Kehle gegen das kalte Weiß. Der Winter scheint seine Jahreszeit zu sein. Denn während man es im Sommer kaum sieht, tummelt sich das Rotkehlchen jetzt dankbar an den Futterhäuschen. Dankbar und eifersüchtig, denn dieser kleine Vogel vertreiben alle anderen, egal ob Artgenosse oder nicht, energisch vom Futterplatz.

Das Rotkehlchen gehört zu den Singvögeln und sticht vor allem durch die namensgebende orange bis rote Brust ins Auge. Es hat einen glockenklaren, lieblichen Gesang mit melodischen Strophen. Da es gerne imitiert, kann sogar das Lied einer anderen Art in seiner Darbietung vorkommen. Als eine der wenigen Ausnahmen im Vogelreich singt beim Rotkehlchen auch das Weibchen. Selbst im Winter kann man ihren wunderschönen Gesang hören. Dieses ungewöhnliche Singverhalten hat damit zu tun, dass Rotkehlchen ihr Revier ganzjährig vor Artgenossen verteidigen. Das machen nur wenige Vögel, die meisten zeigen ein derart territoriales Verhalten nur zur Brutzeit.

Noch bekannter als sein Gesang ist jedoch der Warnruf des Rotkehlchens. Mit kurzen „Zik“-Lauten und ruckartigen, duckenden Bewegungen alarmiert es zuverlässig auch andere Tiere, wenn es Feinde bemerkt. Dabei unterscheiden sich die Laute in Klang und Länge, je nachdem, ob ein Feind von oben, von unten oder ob eine Eule gesichtet wurde. Diese Warnlaute werden nicht nur von Artgenossen, sondern häufig auch von Säugetieren verstanden, wodurch diese rechtzeitig fliehen können.

Die hübschen Vögel legen viel Wert auf Körperpflege. Sie baden gerne und intensiv, selbst auf Schnee oder Eis. Danach kann man sie mit aufgefächerten Flügeln stundenlang in der Sonne liegend beobachten. Zur Gefiederpflege haben sie noch einen genialen Trick: Sie benutzen Ameisen. Bei diesem als „Einemsen“ bezeichneten Vorgang packt sich der Vogel mit dem Schnabel ein oder mehrere Ameisen und zieht diese dann durch sein Gefieder. Die dabei von den Ameisen ausgeschiedene Ameisensäure wirkt vermutlich gegen Parasiten, Pilze und Bakterien und hat nebenbei noch eine gefiederpflegende Wirkung, ähnlich einer Haarkur.

Rotkehlchen sind beim Menschen besonders beliebte Singvögel, denn sie sind ungewöhnlich zutraulich. Kaum hat man mit der Gartenarbeit begonnen, hüpfen die neugierigen Vögelchen fast in greifbarer Nähe um den Menschen herum und suchen die frisch umgegrabene Erde nach Insekten und Würmern ab. Tierisches Futter nehmen Rotkehlchen hauptsächlich zur Brutzeit auf und füttern ihre Jungen damit. Befinden sich Vogelküken anderer Arten in ähnlichem Alter in ihrem Revier, werden diese häufig mitgefüttert. Rotkehlchenküken wiederum betteln andere Vogelarten gerne um Futter an. Im Winter ernähren Rotkehlchen sich auch viel von Sämereien und Obst.

So niedlich und liebevoll sie nun klingen und wirken, so unerwartet brutal ist ihr Revierkampf. Können sich zwei Männchen nicht durch Gesang auf den Sieger einigen, kämpfen sie. Dabei verkrallen sie sich ineinander und versuchen, sich gegenseitig die Augen auszupicken. Das kann sogar zum Tod führen.

Wegen ihrer Zutraulichkeit werden sie in geschichtlichen Texten immer wieder erwähnt. Auch in Christuslegenden steht das Rotkehlchen Jesus, während er stirbt, tröstend bei. In den 1920er Jahren wurden mehrere Tausend von Ihnen wegen ihrer aufgeschlossenen Art und ihres Gesangs gefangen und als Haustiere in Käfige gesperrt. Auch weil sie besser überlebten als die Nachtigall. Derartige Wildfänge sind in Deutschland zum Glück inzwischen illegal, aber das Rotkehlchen ist in südlichen Ländern ein häufiges Opfer der Jagd, wo es in Stellnetzen und Fallen gefangen und als Haustier oder Leckerei verkauft wird. Auch sind Rotkehlchen als Insektenfresser besonders durch Insektizide gefährdet.

Der Bestand der charmanten Gesellen ist im Moment zum Glück nicht bedroht. Wer die putzigen Vögel im Garten haben will, sollte eine Laub- oder Blühhecke anlegen und Wildwuchs zulassen. Je mehr Insekten vorhanden sind, umso wohler fühlt sich das Rotkehlchen. Da es sehr gerne badet, freut es sich zudem über eine flache Wasserstelle oder einen Teich mit niedrigen Uferzonen.

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