Welche Rasse bin ich eigentlich? Darf ich bei meiner Familie bleiben?
1992 hat die bayrische Landesregierung die sogenannte Kampfhundeverordnung verabschiedet. In dieser Verordnung wurden die Hunderassen in drei Klassen (Kategorien) unterteilt.
Kategorie 1 (kurz Kat. 1)
In der Kategorie 1 in Bayern sind fünf Hunderassen festgeschrieben, welche ohne Wenn und Aber als „unwiderlegbar gesteigert aggressiv“ gelten.
Hierzu zählen:
1. American Staffordshire Terrier
2. Pitbull Terrier
3. Staffordshire Bullterrier
4. Tosa Inu
5. Bandog
Kategorie 2 (kurz Kat. 2)
In der Kategorie 2 in Bayern sind vierzehn Hunderassen festgeschrieben, bei denen laut Verordnung eine „gesteigerte Aggressivität vermutet wird“.
Hierzu zählen:
1. Alano
2. American Bulldog
3. Bullmastiff
4. Bullterrier
5. Cane Corso
6. Dog Argentino
7. Dogue de Bordeaux
8. Fila Brasileiro
9. Mastiff
10. Mastin Espanol
11. Mastino Napoletano
12. Perrode Presa Canario (Dogo Canario)
13. Perrode Presa Mallorquin
14. Rottweiler
Das gilt nicht im Sinne der Hundesteuerverordnung! Alle anderen Hunderassen wie z. B. Malinois (Belgischer Schäferhund), Dobermann, Kangal, Akita Inu, Deutscher Schäferhund und andere Rassen dürfen ohne Hundekenntnis und Überprüfung gehalten werden. (Diese Problematik werden wir noch weiter thematisieren.) Um für eine der in der Kat. 2 erwähnten Rassen eine Halteerlaubnis zu erhalten muss das Hund/Halter Gespann einen Wesenstest bei einem anerkannten Sachverständigen absolvieren. Sofern dem Hund danach attestiert wird, dass er nicht gesteigert aggressiv ist, muss der Wesenstest bei der Stadt/Gemeinde eingereicht und ein Antrag auf Negativzeugnis gestellt werden. Erst nach Ausstellung dieses Negativzeugnisses ist der Hund im Sinne der geltenden Verordnung kein Kampfhund mehr.
Das Problem unter dem Hund und Halter leiden:
Wann ist ein Hund der Kat. 1 oder Kat. 2 zuzuordnen und wer stellt das fest?
Diese Feststellung entscheidet über das Schicksal eines Hundes und seiner Familie. Kreuzt man beispielsweise zweireinrassige gleiche Hunderassen miteinander und man kann nachweisen, dass die Abkömmlinge auch von diesen beiden Elterntieren abstammen, ist es eindeutig, dass diese Hunde der gleichen Rasse wie die Elterntiere zuzuordnen sind. Was aber, wenn das nicht der Fall ist? Nachdem bei fast allen Rassen der Kat. 1 in Bayern keine Elterntiere bekannt sind, soll nach der bayerischen Kampfhundeverordnung die Rasse von einem Gutachter festgestellt werden.
Leider steht bei jeder Hundemischrasse nicht aufgedruckt, welche Hunderassen genau enthalten sind.
Diese Rassefeststellung soll durch ein sogenanntes phänotypisches Gutachten durchführt werden. Das bedeutet, dass bei der Erstellung der Rasseeinschätzung das Wesen, das Aussehen und der Bewegungsablauf begutachtet und eingestuft werden. Ein Hund wird dann beispielsweise in die Kat. 1 eingestuft, wenn die drei Merkmale überwiegend einer der fünf Kat.-1-Rassen zugeordnet werden können.
Und hier geht die Problematik los. Lässt man beispielsweise von drei verschiedenen Gutachtern einen Mischlingshund begutachten, kann es sein, dass diese drei Gutachter zu verschiedenen Ergebnissen kommen.
Dies bedeutet:
● Kat. 1 – der Hund wird umgehend eingezogen
● Kat. 2 – der Hund darf mit Wesenstest und Erfüllung der Auflagen in der Familie bleiben
● Kein Kat.-Hund – der Hund darf ohne weitere Begutachtung bleiben
Das Schicksal eines Hundes und seiner Familie hängt also alleine von der Einschätzung des Gutachters ab. Sofern der Hund vom Gutachter in die Kat.1 eingestuft wird, darf dieser in Bayern nicht mehr gehalten werden, auch wenn er noch so lieb ist und dies sogar vom Gutachter attestiert wird.
Das Verhalten des Hundes spielt bei Kat.1 KEINE Rolle
Nachdem man bei den Behörden festgestellt hat, dass durch ein sogenanntes phänotypisches Gutachten verschiedenste Ergebnisse ermittelt wurden, kam man auf die Idee, nun die Rassen durch einen DNA-Test feststellen zu lassen. Das Ergebnis ist genau das Gleiche. Nimmt man drei DNALabore, um die genaue Rasse eines Hundes festzustellen, erhält man oft drei vollkommen verschiedene Ergebnisse. Vom reinrassigen American Staffordshire Terrier der Kat. 1 bis zu keiner gelisteten Rasse ist hier alles möglich.
Was ist das Fazit der momentanen Lage in Bayern?
Die Rassefeststellung ist ein Lotteriespiel, bei dem mit den Schicksalen von Menschen und Hunden gespielt wird. Warum entscheidet nicht das Wesen und die Eignung des Hund/Halter-Gespannes, ob es eine Gefahr darstellt oder nicht?
Deshalb erneut mein Appell an die bayerische Regierung und Behörden:
Es muss ein Umdenken erfolgen, denn die aktuelle Handhabung und Umsetzung der bestehenden Kampfhundeverordnung ist nicht sinnvoll, praktikabel und dient auf keinen Fall der Sicherheit.
Claus Reichinger
1. stellv. Vors. Tierschutzverein München