Schon viele Jahre fordert der TSV München ein Verbandsklagerecht für den Tierschutz, um misshandelten Geschöpfen vor Gericht eine Stimme zu geben. Damit hätten wir auch der Magyar-Vizsla-Hündin Bella helfen können, deren Fall in München hohe Wellen schlug.
Die arme Bella wäre beinahe verhungert, weil ihre Halterin sie absichtlich zu wenig fütterte. Nur mit Hilfe des Veterinäramtes und zahlreicher, auch prominenter FürsprecherInnen ist es uns gelungen, eine Rückgabe der gequälten Hündin zu verhindern und sie schlussendlich Ende Juli in gute Hände zu vermitteln. Gäbe es in Bayern das Verbandsklagerecht im Tierschutz, hätten wir Bella selbst vor Gericht vertreten können.
Das Verbandsklagerecht und seine Bedeutung
Ein Verbandsklagerecht erlaubt es offiziell anerkannten Tierschutzorganisationen, Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vor Gericht zu bringen. Eine solche kollektive Klagebefugnis gibt Tieren eine Stimme, die sie selbst nicht erheben können. Es geht dabei nicht um ideologische Machtkämpfe, sondern um effektiven Schutz von Lebewesen, die keine Stimme im Rechtssystem haben.
Das Tierschutzrecht ist Teil des Verwaltungsrechtes. Hier gilt: Nur wer in seinen eigenen Rechten verletzt wird, darf klagen. TiernutzerInnen (etwa in der Massentierhaltung) können also ihnen gemachte Auflagen vor Gericht prüfen lassen, Tierschutzvereine dagegen sind machtlos, weil sie nicht direkt betroffen sind, sondern „nur“ die Tiere. Den Vereinen bleibt bisher nur der Gang zu Polizei und Staatsanwaltschaft, wo die Ermittlungen oft eingestellt werden, weil sie nur für Straftaten mit Vorsatz oder Fährlässigkeit zuständig sind, die bei Tierschutzverstößen meist nicht vorliegen.
Acht Bundesländer haben das Verbandsklagerecht
Bisher gibt es das Verbandsklagerecht in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein. Diese Länder konnten bereits Erfolge in Sachen Tierschutz erzielen. Sobald Verbände mitmischen dürfen, legen Behörden oft mehr Sorgfalt an den Tag, um gerichtsfeste Entscheidungen zu treffen. Ein Beispiel kommt z. B. aus Nordrhein-Westfalen, wo Animal Rights Watch (ARIWA) die tierschutzwidrige Haltung von Zuchtsauen in zu engen Kastenständen angezeigt hatte. Leider wurde in diesem Bundesland das Verbandsklagerecht 2019 wieder außer Kraft gesetzt. Menschen für Tierrechte in Baden-Württemberg hatte 2017 beim zuständigen Veterinäramt beantragt, gegen die Zustände bei einem Putenmäster einzuschreiten. Dieses Verfahren läuft noch.
Politischer Widerstand in Bayern
Gegen die Einführung eines Verbandsklagerechts im Tierschutz formiert sich in Bayern Widerstand vor allem aus den Reihen konservativer Parteien und Teilen der Agrarlobby. KritikerInnen argumentieren, dass zusätzliche Klagebefugnisse zu einer Flut von Verfahren führen und landwirtschaftliche Betriebe unverhältnismäßig belasten könnten. In keinem der Bundesländer mit Klagerecht konnte aber bisher eine signifikante Zunahme von Verfahren verzeichnet werden. Hier wird deutlich, dass sich vor allem Unternehmer und Betriebe, die mit der Ausbeutung von Tieren in der Massentierhaltung ihr Geld verdienen, sich gegen die tierschutzrechtliche Verbandsklage stemmen, da sie fürchten, gängige tierquälerische Praktiken könnten auf diesem Wege abgeschafft werden.
Fazit: Bayern darf nicht Schlusslicht sein
Für uns als TierschützerInnen ist klar: Tiere haben bisher keine Lobby im Gerichtssaal. Wir müssen diese Rolle übernehmen. Nur so können wir bei schweren Misshandlungen eingreifen und dafür sorgen, dass das Staatsziel „Tierschutz“ in Artikel 20a Grundgesetz für Bayerns Landwirte und Behörden nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt. In einer Gesellschaft, die sich als tierfreundlich bezeichnet, darf es keinen Ort der Straflosigkeit für das Leid von Millionen fühlender Geschöpfe geben. Deshalb sagen wir: Bayern, steh auf, es wird Zeit für ein Verbandsklagerecht im Tierschutz, das Tiere schützt, nicht Verfahren!