Im Tierschutz blickt man fast täglich in menschliche Abgründe. Missstände in der Tierhaltung gibt es dabei in allen Bevölkerungsschichten, nicht nur in einkommensschwachem Umfeld. Das zeigt der jüngste Fall 30 beschlagnahmter Katzen, die am 28.3. ins Münchner Tierheim kamen.

Die vielen Miezen stammen von einem Villengelände in Grünwald. Der Halter war für sechs Wochen verreist und hatte über eine Pet Sitter Agentur Urlaubsbetreuung gebucht. Eine junge Tierfreundin hatte den Auftrag angenommen und sollte täglich vorbeikommen, um die Katzen im Garten zu füttern. Die 17 erwachsenen und 13 Babykatzen (von drei Müttern), darunter sowohl einfache Europäisch-Kurzhaar-Mixe als auch reinrassige Perser, Birma und Bengalkatzen, hatten nur ein Gartenhäuschen als Wetterschutz. Ins Haus, wo sie sonst zu leben gewohnt waren, durften sie während Herrchens Abwesenheit nicht.

Als die Katzensitterin die schockierenden Verhältnisse in Garten und Hütte bemerkte, überall Müll, Gerümpel und Kot, sowie den miserablen Gesundheitszustand der Tiere, entschied sie sich zu einer Meldung beim Münchner Verein „Bund der Katzenfreunde e.V.“, der wiederum das Veterinäramt verständigte. Vor allem für die Mütter und Kitten war die Unterbringung katastrophal: der Schuppen nachts viel zu kalt und trotz offensichtlichem Bedarf keinerlei medizinische Versorgung! Den meisten Katzen ging es äußerst schlecht: verfilztes, kotverklebtes Fell, stark abgemagert, dehydriert, Durchfallerkrankungen sowie Augen- und Ohrenentzündungen. Die Behörde sah sich die Zustände an, beschloss sofort eine Sicherstellung und rief die Tierschutzinspektion des Münchner Tierschutzvereins zu Hilfe.

Einige der Katzen konnte unser Team direkt einfangen und ins Tierheim bringen. Die meisten, teils sehr scheuen bis traumatisierten Tiere aber mussten über mehrere Tage durch den Bund der Katzenfreunde mithilfe von Lebendfallen gesichert und nach und nach nach Riem gefahren werden. An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei den KollegInnen bedanken, die keine Mühen gescheut und uns große Unterstützung geleistet haben.

Bei der ärztlichen Untersuchung wurden vier weitere Schwangerschaften entdeckt sowie eine Katze mit fortgeschrittenem Maultumor. Sie musste direkt in die Tierklinik zur Intensivbehandlung. Andere waren und sind so schwach, dass sie bis heute Infusionen brauchen. Eine der werdenden Mütter musste zwei Totgeburten erleiden. Eine Bengalkatze mit Nachwuchs war so gestresst und überfordert, dass sie versuchte, ihre Kätzchen zu töten. Unsere Pflegerinnen konnten das gerade noch verhindern.

Nun dürfen die Samtpfoten erstmal zur Ruhe kommen und werden im Tierheim liebevoll aufgepäppelt. Wie es dann mit ihnen weitergeht, ob sie an neue, verantwortungsvolle HalterInnen vermittelt werden dürfen, muss das Amt erst noch entscheiden. AdoptionsinteressentInnen bitten wir, mit ihrer Anfrage noch bis mindestens Ende Mai zu warten.

Erst vor zwei Wochen wurde vor dem Tierheim eine hochträchtige Katze ausgesetzt, weil man mit dem Nachwuchs und dann offenbar auch mit der Mutter nichts mehr zu tun haben wollte. (Wir berichteten.) Ob der Katzennachwuchs im Fall von Grünwald ebenso ungewollt war, wissen wir nicht. Aber auch hier hat der Halter die Gesundheit seiner Tiere fahrlässig aufs Spiel gesetzt, indem er sie mehr oder weniger sich selbst überlassen hat. Das bloße Bereitstellen von Futter und Wasser durch eine fremde Pet Sitter-Person reicht nicht aus, vor allem nicht für die Aufzucht von Babykatzen.

Jedes Jahr im Frühling blüht den Tierheimen in ganz Deutschland eine regelrechte Kittenschwemme wegen unkontrollierter Fortpflanzung von Freigängerkatzen. Die Versorgung ist sehr aufwendig und kostenintensiv. Vom Leid unentdeckter Streuner auf der Straße ganz zu schweigen. Der Deutsche Tierschutzbund fordert deshalb seit vielen Jahren eine bundesweite Katzenschutzverordnung, die zur Kastration und Kennzeichnung verpflichtet. Dennoch wurde das Thema im jüngst vorgestellten Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD ein weiteres Mal ausgespart. Entsprechend groß ist die Enttäuschung auf Seiten der Tierschutzvereine.

Im Tierheim München werden derzeit 6 Katzenfamilien mit insgesamt 20 Kitten versorgt, teilweise sogar nach Feierabend zur Pflege mit nach Hause genommen. Fünf weitere Katzen erwarten noch Nachwuchs. Wer die TierschützerInnen unterstützen möchte, kann dies durch eine Spende auf das Vereinskonto bei der Sparkasse München, IBAN: DE07 7015 0000 1000 1184 46, BIC: SSKMDEMMXXX, Stichwort "Babykatzen".

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