Des einen Freud ist des anderen Leid

Wir möchten gerne magische Momente in den Ferien erleben. Von Elefantenreiten über Delfinshows bis zur Alpaka-Wanderung – jedes Angebot scheint eine schöne Verbindung zur Natur zu ermöglichen. Doch was auf den ersten Blick vielleicht wie ein unschuldiger Spaß wirken mag, trägt dazu bei, ein komplexes System von Ausbeutung und Leid der Tiere aufrechtzuerhalten. Unsere Beispiele offenbaren die Schattenseiten.

Das Problem der Gefangenschaft

Für viele Tierarten bedeutet das Dasein als Touristenattraktion in erster Linie eines: Gefangenschaft. Elefanten, die für Safaris oder Shows eingesetzt werden, verbringen ihr Leben meist an kurzen Ketten. Delfine in Aquarien schwimmen in Becken, die für ihre natürlichen Bedürfnisse viel zu klein sind. Löwen in „Streichelzoos“ werden schon als Jungtiere von ihren Müttern getrennt, um zahm genug für den Kontakt mit Menschen zu sein. Solche Praktiken führen zu physischen und psychischen Schäden bei den Tieren.

Südafrika: Löwen zum Streicheln

Die „Lion Walks“ und „Cub Petting“-Angebote in Südafrika locken Touristen mit der Möglichkeit, Löwenbabys zu füttern oder mit ausgewachsenen Löwen spazieren zu gehen. Was spannend erscheint, ist Teil einer grausamen Industrie, die als „Canned Hunting“ bekannt ist. Die Großkatzen werden gezüchtet, als Babys viel zu früh ihren Müttern entrissen, um zahm genug für Selfies mit Touristen zu sein und später als Jagdtrophäe in umzäunten Gebieten abgeschossen, wenn sie zu gefährlich für diese Einsätze geworden sind.

Griechenland: Esel unter der Last der Touristen

In Griechenland, insbesondere auf der Insel Santorin, sind Esel ein häufig genutztes „Transportmittel“ für Menschen, die sich die steilen Treppen ersparen wollen. Die Tiere tragen dabei oft viel zu schwere Lasten und müssen stundenlang ohne Wasser in der prallen Sonne arbeiten. Viele von ihnen leiden unter Rückenschäden, offenen Wunden und Überhitzung.

Thailand: Die Ausbeutung der Elefanten

Thailand ist weltbekannt für seine Elefanten-Tourismusindus­trie, aber was viele BesucherInnen nicht wissen, ist, dass hinter dem „sanften Riesen“ oft ein Leben voller Grausamkeit steckt. Elefantenreiten ist eine der Hauptattraktionen in Orten wie Pattaya oder Chiang Mai. Um die Tiere zu zähmen, durchlaufen viele Elefanten als Jungtiere das sogenannte „Phajaan“-Ritual, das auch als „Seelenbrechen“ bekannt ist. Dabei werden sie tagelang isoliert, geschlagen und ohne Futter gehalten, um ihren Willen zu brechen. Die thailändische Tierschützerin Lek Chailert, Gründerin des „Elephant Nature Park“ in der Nähe von Chiang Mai, kämpft gegen diese Praxis. Ihr Schutzgebiet bietet eine tierfreundliche Alternative, bei der BesucherInnen die Elefanten aus sicherer Entfernung beobachten können, während sie frei umherstreifen.

USA: Delfinarien und Orca-Shows

In den USA, insbesondere in Florida und Kalifornien, ziehen Delfinarien wie „SeaWorld“ jedes Jahr Millionen Besucher­Innen an. Die Haltung dieser Delfine und Orcas in Gefangenschaft ist niemals artgerecht. Die hochintelligenten Meeressäuger legen in der Wildnis oft Hunderte Kilometer am Tag zurück – ein Radius, den kein Becken der Welt jemals nachahmen könnte. Tierschützer wie Ric O’Barry, der ehemalige Trainer von „Flipper“, weisen darauf hin, dass viele dieser Tiere unter Stress leiden, der zu Selbstverletzungen und frühzeitigen Todesfällen führt. Der Dokumentarfilm „Blackfish“ über Orca Tilikum aus 2013 hat diese Missstände ins Rampenlicht geholt und bei vielen Menschen ein Umdenken angestoßen.

Nordafrika: Kamele zwischen Tradition und Tourismus

In Ländern wie Marokko und Ägypten sind Kamelritte in der Wüste ein symbolträchtiges Erlebnis, das Touristen die Schönheit der Sahara näherbringen soll. Doch was viele nicht sehen, ist das Leiden der Tiere, das häufig hinter den Kulissen stattfindet. Kamele arbeiten in der glühenden Hitze, ohne angemessene Pausen, Wasser oder Pflege. Ihre Besitzer behandeln sie oft als reine Arbeitsmittel, Verletzungen werden nicht behandelt und wer nichts mehr leisten kann, wird brutal aussortiert.

Lösungen und Alternativen

Für uns steht fest: Die Verantwortung liegt nicht nur bei den Betreibern solcher Attraktionen, sondern auch bei den Touristen und Touristinnen. Die Wahl, eine tierfreundliche Alternative zu unterstützen, hilft dabei, das Leid der Tiere zu verringern. Angebote wie das Beobachten von Walen in freier Wildbahn, Besuche in zertifizierten Schutzgebieten oder virtuelle Tiererlebnisse zeigen, dass es auch anders geht.

 

Ein Perspektivwechsel ist dringend notwendig. Denn nur durch ein Umdenken kann das Gleichgewicht zwischen Mensch und Tier in einer Welt, die zunehmend vom Tourismus geprägt ist, wiederhergestellt werden. Elefantenflüsterin Lek Chailert betont: „Wenn wir Tiere wirklich lieben, müssen wir lernen, sie zu respektieren – und das bedeutet oft, Abstand zu halten.“

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