Der „herabschauende Hund“ mit herabschauen auf den Hund?

Seit Jahrzehnten versuchen wir unermüdlich den Menschen klar zu machen, dass Tiere keine Gegenstände, Unterhaltungsobjekte, Freizeitgeräte und auch keine Kuscheltiere sind. Doch oft fühlt es sich an wie ein Kampf gegen Windmühlen. In der Regel siegt das Kindchenschema: runde, große Köpfe, Kulleraugen, flauschiges Fell. Da setzt der Verstand einfach bei vielen aus. Dieses Phänomen hat nun ein neues Gewand: Puppy Yoga!

Ist das nun Yoga für Hundewelpen (engl. puppy/puppies)? Natürlich nicht, es geht, wie meistens, um den Mehrwert, das Vergnügen für Menschen. Der Freizeittrend kam vor mehreren Jahren in den USA und Großbritannien auf und ist letztes Jahr via Instagram und TikTok nach Deutschland herübergeschwappt.  Auch in München gibt es nun einige solcher „Start-ups“. Angeboten werden Gruppen-Yogastunden, bei denen nebenher mit süßen Hundewelpen geschmust werden kann. Die kleinen Fellnasen sollen zwischen den Yogamatten herumlaufen, sich streicheln lassen und die TeilnehmerInnen mit ihrer Anwesenheit entzücken. Laut Anbieter soll das nicht nur das „Chi“ der Yogis fördern, sondern auch die Sozialisierung der Welpen. Eine Win-Win-Situation also, oder?

Leider nein. Zunächst räumen wir ein, dass der Kontakt zu Menschen sowie die neuen Erfahrungen im Yogaraum für manche Welpen tatsächlich positiv sein können. Andere können jedoch stark reizüberflutet und mit der ganzen Situation überfordert werden. Nicht jeder Welpe ist gleich selbstbewusst und hat das gleiche Entwicklungstempo. Damit es sich lohnt, werden in München laut einer BR-Recherche an einem Betriebstag drei Yogasessions hintereinander mit immer neuen TeilnehmerInnen und immer demselben Wurf Welpen durchgeführt. Sie sollen 40 Minuten während der Yogaeinheit frei herumlaufen und danach 20 min für eine „Play Session“ zum Kuscheln und natürlich für Fotos und Videos zur Verfügung stehen. Im Anschluss wird ihnen eine 45-minütige Pause bis zur nächsten Gruppenstunde eingeräumt. Mit Hin- und Rückfahrt ist das ein Ganztagesausflug für die Hundebabies. Das ist zu viel! Daran ändert auch die dreiviertel Stunde Leerlauf zwischen den Sessions nichts.

Darüber hinaus sehen wir ein Risiko bei der Beschaffung der Welpen. Zwar wird versichert, man beziehe diese nur von seriösen Züchtern. Doch wenn wirtschaftlicher Druck hinter der Suche steckt und Kurse gebucht sind, werden die empfundenen Grenzen der Seriosität vermutlich flexibel.

Könnte man Puppy Yoga mit Tierschutz verbinden? Auch bei uns im Münchner Tierheim wurde schon nach Welpen für den neuen Trend gefragt. Das klappt jedoch gleich aus mehreren Gründen nicht. Zum einen stammen Welpen im Tierheim in der Regel aus illegalem Handel, wurden aus dem Ausland nach Deutschland eingeschmuggelt und haben je nach Herkunftsland mind. bis zur 15. Lebenswoche, im Fall von Drittländern bis zum siebten Lebensmonat Quarantänepflicht. Danach ziehen sie direkt in ihre neuen Familien. Zum anderen handelt es sich oft um besonders sensible, teilweise traumatisierte Hunde, die viel zu früh von ihrer Mutter getrennt wurden und gesundheitlich angeschlagen sind. Sie würden den Stress einer Gruppe fremder Menschen an einem fremden Ort sicher nicht vertragen.

Allgemein finden wir aber das Bild, das Puppy Yoga von den Tieren zeichnet, nämlich das eines süßen Kuscheltieres und Freizeitgeräts zum menschlichen Vergnügen, keineswegs tierschutzkonform. Auch wird damit der ohnehin schon ungebrochene Welpenhype weiter gefördert. Statt die Menschen zu ermutigen, erwachsenen Tieren aus Deutschlands überfüllten Tierheimen eine Chance zu geben, wird das Kindchenschema bedient - und schließlich zu Profit gemacht.

Entspannung und Gesundheitssport mit Welpenkuscheln – wenn etwas zu schön wirkt, um wahr zu sein, dann ist es das in der Regel auch. Wir bitten euch, trotz aller absolut verständlichen Verzückung, auf Puppy Yoga zu verzichten und den Wirtschaftszweig Unterhaltung durch Tierbabys nicht zu unterstützen.

Zu guter Letzt möchten wir interessierte UnternehmerInnen darauf aufmerksam machen, dass Puppy Yoga, wie jedes Gewerbe mit Tieren, genehmigungspflichtig ist durch das Kreisverwaltungsreferat bzw. das ihm zugehörige Veterinäramt.

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